Mit dem militärischen Sieg der alliierten Staaten über den Nationalsozialismus und die faschistischen Regime in Italien und Japan kam eine breite Diskussion über die Notwendigkeit der Erneuerung gesellschaftlicher Grundlagen auf. Vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatten über Entmilitarisierung, Demokratisierung und Föderalismus, sowie über die Verstaatlichung ganzer Wirtschaftsbereiche, wurde der aufkommende „Kalte Krieg“ zwischen dem östlichen Staatskommunismus in leninistischer Tradition und der – mehr oder weniger – ungeplanten Marktwirtschaft westlicher Art ins Zentrum gerückt.
Viele Anarchosyndikalist*innen waren derzeit durch das Scheitern der Spanischen Revolution im Bürgerkrieg (1936-‘39) , aber auch durch jahrelange Verfolgung, Vernichtung oder Exil traumatisiert. Einst große und eigenständige Gewerkschaften sahen sich dem Erstarken der kapitalistischen Nationalstaatlichkeit gegenüber und mussten jede noch so kleine Hoffnung auf einen sozialrevolutionären Ausgang des Zweiten Weltkriegs aufgeben. Hinzu kam der Schock über das Ausmaß des antisemitischen Vernichtungswillens, der vor allem das europäische Judentum an den Rand der totalen Auslöschung getrieben hatte, aber auch über die untätige Duldung der „demokratischen“ Regierungen angesichts der faschistischen Zerschlagung ihrer politischen Oppisition.
Doch in einigen Ländern regte sich nach dem Ende der blutigen Schlachten auch neuer Widerstand gegen die Fortsetzung des sozialpartnerschaftlichen „Burgfriedens“ zwischen Gewerkschaften, Arbeitgeber*innen und Staat. So gründete sich beispielsweise in Bulgarien schon 1946 eine „Nationale Arbeiter*innen-Konföderation“ mit rund eintausend Mitgliedern, die jedoch von dem neuen, „realsozialistischen“ Regime unterdrückt und zerschlagen wurde. Im russisch besetzten Ostdeutschland sorgte die Repression der stalinistischen Sowjets für Masseninhaftierungen von Anarchist*innen, darunter der 1952 im Militärgefängnis Bautzen ermordete, bekannte Zwickauer Anarchosyndikalist Willi Jelinek.
Auch in Südamerika übten zunehmende staatliche Unterdrückungsmaßnahmen einen zerstörerischen Einfluss auf Anarchist*innen und Anarchosyndikalist*innen aus. Obwohl die argentinische FORA seit ihrer Gründung 1901 rund zwei Jahrzehnte lang die stärkste Gewerkschaft des Landes war und hunderttausende Arbeiter*innen zu blutig unterdrückten Generalstreiks mobilisieren konne, war sie am Ersten Mai 1946 nur noch in der Lage eine Versammlung von rund 3.000 Demonstrant*innen durchführen. Trotzdem leistete sie ab dem Militärregime des Diktators Peron aktiven Widerstand, kämpfte gegen den zunehmende staatliche Einmischung in Arbeitskämpfe und organisierte bis 1948 mehrere Streiks der Hafenarbeiter*innen und Bäcker*innen.
Im angrenzenden Uruguay war die 1905 gegründete FORU (Federación Obrera Regional Uruguaya) ebenfalls bis in die 1920er Jahre treibende Kraft in der Arbeiter*innen-Bewegung des Landes gewesen, konnte (auch unter dem Einfluss anarchistischer Migrant*innen aus Italien) mehrere Generalstreiks organisieren und den 8-Stunden-Tag durchsetzen. Aufgrund interner Diskussionen und reformistischer Spaltungen waren jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch kleine Grüppchen der vormals starken „Widerstandsgesellschaften“ aktiv.
Unter der sozialliberalen Regierung von Präsident Batlle y Ordóñez wurden in der „amerikanischen Schweiz“ die Lebensbedingungen deutlich verbessert. Bis Mitte der 1950er Jahre konnten die Löhne angesichts der Massenexporte von Wolle und Fleisch sogar verdoppelt werden. Als jedoch die Reallöhne angesichts der steigenden Inflation abnahmen, kam es zum Widerstand der Arbeiter*innen und Student*innen. Dieser führte 1964 zur Gründung der CNT (Convención Nacionalde Trabajadores) führte, an der sich auch namhafte Anarchist*innen beteiligten. Durch den Militärputsch von 1973 wurde jedoch diese oppositionelle Zentralgewerkschaft zerschlagen, obwohl sie mit einem zwei Wochen andauernden Generalstreik noch versuchte, die Diktatur zu verhindern. Diese siegte jedoch schließlich und verhinderte bis 1985 alle unabhängigen Gewerkschaftsaktivitäten.
In den Nachbarländern Bolivien, Chile und Peru gab es ab den 1930er Jahre keine größeren anarchosyndikalistischen Gewerkschaften mehr, da viele Arbeiter*innen sich nach mehreren Repressionswellen gezwungen sahen, sich den zentralen Einheitsgewerkschaften anzuschließen. Doch die historischen Erfahrungen der chilenischen Sektion der IWW (1919-1951) und der anarchosyndikalistischen FORCh (Federacion Obrera Regional Chilena, 1913-‘17, 1923-‘27), sowie die Rolle von Anarchist*innen in der CGT (Confederación General de Trabajadores, 1931-‘49) und im Dachverband CUT (Central Única de Trabajadores, 1953-‘73) wären eine weitere Untersuchung wert.
Auf der iberischen Halbinsel ging der illegale Kampf gegen die faschistischen Militärdiktaturen von Franco (Spanien) und Salazar (Portugal) weiter, die noch bis zu 1975 unter dem Schutz des transatlantischen NATO-Bündnisses ihre Gewaltherrschaft fortsetzen konnten. Im Untergrund konnte die portugiesische CGT noch bis Ende der 1960er Jahre Widerstand leisten, bevor sie unter der Repression zerbrach. Die spanischen Anarchosyndikalist*innen, von denen sich zehntausende auch im französischen und westdeutschen Exil weiter organisiert hatten, begannen in der Übergangszeit nach Francos Tod mit dem Wiederaufbau der CNT. Sie organisierten mehrere Massenkundgebungen, die allein in der katalanischen Hauptstadt Barcelona über 200.000 begeisterte Menschen im Rahmen der Libertären Tage 1977 versammelten.
Allgemein war auch in Spanien die Entpolitisierung des Gesellschaft weit vorangeschritten, so dass sich selbst Anarchist*innen von ihren freiheitlichen Prinzipien abwandten und alte Flügelkämpfe mit reformistischen Stömungen wieder auflebten. Auch die Frage, welche Lehren aus der konterrevolutionären Machtübernahme während der republikanischen Volksfrontregierung gezogen werden sollen, entzweite die libertären Gewerkschafter*innen von den Staatssozialist*innen. Dies gipfelte im Konflikt zwischen der ehemals illegalen und nun auf bündnisorientierte Wirtschaftsdemokratie ausgerichteten Inlands-CNT einerseits und der aus Geflüchteten bestehenden Exil-CNT andererseits, die weiterhin den anarchosyndikalistischen Grundsätzen von Antistaatlichkeit und Direkten Aktionen festhielt.
Der Streit darüber, ob die CNT auch an den Wahlen zu den neugegründeten Betriebskomitees teilnehmen und somit staatliche Fördergelder annehmen solle, führte schließlich 1979 mit deutlicher Mehrheit zur Ablehnung dieses Reformkurses. Die unterlegene Minderheitsfraktion wollte jedoch an der Zusammenarbeit mit dem Staat dogmatisch festhalten und gründete nach ihrem Spaltungskongress von Valencia eine eigene Organisation, die später in CGT umbenannt werden musste.
Die „spanische Frage“ war jedoch in der Nachkriegszeit auch in anderen Mitgliedsorganisationen der IAA diskutiert und höchst unterschiedlich beantwortet worden. In Schweden, wo das Sekretariat der Internationalen während des Krieges Zuflucht gefunden hatte, konnte sich unter dem ideologischen Einfluss der deutschen Exilanten Rudolf Rocker und Helmut Rüdiger eine an staatlichen Reformen und betrieblicher Mitbestimmung ausgerichtete „Wirtschaftsdemokratie“ durchsetzen. Diese forderte eine Abkehr von den IAA-Prinzipien, wie sie bei der Gründung 1922 formuliert wurden.
Anstelle des anarchistisch geprägten Syndikalismus vertrat dieses „schwedische Modell“ eine Einbindung in den real-existierenden Kapitalismus über stellvertretende Betriebsratswahlen, einen bezahlten Apparat freigestellter Berufsfunktionär*innen und eine korporatistische Einbindung in den demokratischen Sozialstaat. Im Fall der SAC betraf dies vor allem ihre Teilnahme an der trilateralen Verwaltung der Arbeitslosengelder durch einen gewerkschaftlichen Versicherungsfond, von der sie sich (fälschlichweise) eine steigende Mitgliederzahl erhoffte.
Diese Auseinandersetzungen gehen zurück auf eine internationale Debatte um die revisionistischen Vorschläge der spanischen CNT, welche 1937 die Prinzipien des Anarchosyndikalismus unter dem Banner einer bündnisfähigen, antifaschistischen Einheitsfront flexibel ausdehnen wollten auf parteipolitische Aktivitäten, Zusammenarbeit mit autoritären und staatlichen Organen, „revolutionäre“ Regierungsbeteiligung, die Beteiligung an antiimperialistischen bzw. anti-kolonialen Kriegen, sowie disziplinierte Armee- und Polizeieinheiten zur Verteidigung des Privateigentums und gewerkschaftliche Kontrolle über die Arbeiter*innen-Milizen.
Dazu sei eine Abkehr von den IAA-Prinzipien nötig, was möglich werde durch „veränderte Taktiken“ und die „Autonomie der Sektionen“. Dagegen sprachen sich jedoch FORA und FORU ausdrücklich aus, bekräftigten ihren Antimilitarismus und verweigerten jede Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen und Parteien. Auch der französische Anarchosyndikalist Pierre Besnard widersprach dieser revisionistischen Richtung auf‘s Schärfste, woraufhin er als IAA-Generalsekretär entlassen und durch John Anderson (SAC) ersetzt wurde.
Auf dem 6. IAA-Kongress 1938 wurde mittels der neu eingeführten Mehrheitabstimmung eine „weitgehende taktische Autonomie“ der Sektionen beschlossen, wobei die schriftlichen Gegenstimmen aus Argentinien und Uruguay einfach ignoriert wurden. Diese hatten sich als eine Art „dritte Front“ unter dem Motto „Weder Faschismus, noch Antifaschismus“ gegen eine klassenübergreifende Zusammenarbeit mit autoritären Staatssozialist*innen und demokratischen Kapitalist*innen ausgesprochen. Anstelle eines gewerkschaftlichen Stillhalte-Abkommens innerhalb einer nationalistischen „Volksfront“ setzten sie weiterhin auf den antimilitaristischen Freiheitskampf für eine soziale Revolution.
Westdeutsche Anarchist*innen, die aus der Vorkriegsgewerkschaft FAUD kamen, folgten jedoch meist dem von Rocker und Rüdiger gepriesenen „schwedischen Modell“. Sie gründeten 1947 die FFS (Föderation Freiheitlicher Sozialisten), verstanden sie jedoch nicht als Gewerkschaft, sondern als sozio-kulturelle Ideengemeinschaft. Trotzdem wurde die FFS 1948 in die IAA aufgenommen und blieb der Internationale bis zu ihrem Austritt 1952 angeschlossen. Die „taktische Autonomie“ der IAA-Sektionen wurde erst durch den 9. IAA-Kongress von 1956 rückgängig gemacht, die damit zu ihren Grundlagen von 1922 zurückkehrte. Im Jahr 1958 folgte dann nach langen und zermürbenden Diskussionen der freiwillige Austritt der SAC, die mit ihrem Reformkurs innerhalb der IAA nun keine Unterstützer*innen finden konnte. Im Jahr darauf beschloss der 10. Kongress, dass nur solche Gruppen der Internationale angehören können, die „das Ziel des libertären (anarchistischen) Kommunismus und Föderalismus“ anerkennen.
Das Kölner Anarchosyndikat hatte bereits seit 1976 Kontakte zur IAA aufgenommen und gehörte schließlich im folgenden Jahr zur Gründungsinitiative einer FAU (Freie Arbeiter-Union). Diese wurde im Jahr darauf als westdeutsche Basisgewerkschaft gegründet und 1979 in die IAA aufgenommen, deren Sekretariat sie von 1988 bis zum Kölner Kongress von 1992 inne hatte. Auch in Italien bildete sich eine Nachfolgeorganisation der Vorkriegsgewerkschaft USI (Unione Sindacale Italiana), die 1979 wiedergegründet wurde. Die spanische CNT führte indes 1986/‘87 einen heftigen Arbeitskampf zur Rettung der Werften in Puerto Real, bei dem lokale Vollversammlungen auch die Bewohner*innen einbezogen, die die Stadt mit Barrikaden gegen die anrückende Polizeieinheiten verteidigten.
Außerhalb von Europa konnte die IAA ihre Kontakte und Mitgliedsorganisationen in den 1980er Jahren auf andere Kontinente ausweiten, wodurch sich der Anarchosyndikalismus nicht nur in Lateinamerika und den USA, sondern auch in Australien und Japan, später sogar in Afrika (Nigeria) vernetzen konnte.
Es begann auch eine Diskussion über die Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Einführung von automatischen Produktionsverfahren und digitaler Datenverarbeitung. Neue Formen betrieblicher Organisation, wie Rationalisierung, flexible Arbeitszeiten, Stundenkonten, Teamarbeit, flachere Hierarchien und global ausgelagerte Produktionsstätten wurden zugunsten einer kapitalistischen Erneuerung eingeführt. Wie mit einer Weiterentwicklung anarchosyndikalistischer Strategien darauf reagiert werden kann, zeigen die zeitlosen und beweglichen Taktiken der Direkten Aktion, der Solidarität und Gegenseitigen Hilfe.
Die hochspezialisierte Arbeitsteilung zwar ist einerseits anfällig geworden für gezielte Eingriffe von Massenarbeiter*innen in den Produktionsprozess. Gleichzeitig werden den Arbeiter*innen traditionelle Fachkenntnisse bewusst vorenthalten und auf das Management übertragen, das die Betriebsabläufe steuert. Durch die Aufteilung der isolierten Tätigkeiten entlang von räumlich getrennten Wertschöpfungsketten wird es immer schwieriger die betrieblichen Abläufe in ihrer Gesamtheit zu überschauen. Das erschwert nicht nur wirksame Arbeitskämpfe, sondern lässt auch eine Selbstverwaltung der dezentralen Wirtschaft durch die Arbeiter*innen enorm schwierig werden.
Gleichzeitig haben sozialstaatliche Eingriffe in die Ungerechtigkeiten des Marktes einem radikalen Ansatz zur Überwindung des Kapitalismus versucht das Wasser abzugraben. Die keynesianistische Wirtschaftspolitik versucht mittels Staatlausgaben die krisenhaften Auswirkungen des angeblich freien Marktes zugunsten sozialer Stabilität zu regeln. Der gesellschaftliche Reichtum, den die Arbeiter*innen herstellen, soll nur so wenig verteilt werden, wie es nötig ist, um Ruhe und Ordnung im Betrieb bzw. auf der Straße aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen.
Wenn sich Gewerkschaften daran sozialpartnerschaftlich beteiligen, werden sie als offizielle Verhandlungspartner*innen hofiert und in die tarifvertraglich abgesicherte Friedenspflicht entlassen. Wer sich dieser Vereinnahmung verweigert, scheint entweder Opfer der selbstgewählten Ausgrenzung zu werden und in Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Oder die Aktivist*innen wählen den Hohlweg des „Langen Marschs durch die Institutionen“ und versuchen vergeblich das ausbeuterische System von innen heraus zu verändern.
Wegen ihrer Ausrichtung auf machtpolitische Stellvertretung und einer zunehmenden Einbindung in die betriebliche Mitbestimmung kam es zwischen einer Minderheit reformistischer Gewerkschaften innerhalb der IAA immer wieder zu Spaltungen und Ausschlüssen. Dieser Prozess fand seinen vorläufigen Höhepunkt in der Abwendung von CNT, FAU und USI von den Prinzipien und Praktiken des Anarchosyndikalismus. Nachdem sie jahrelang gegen interne Verfahren verstoßen und schließlich zum Aufbau einer parallelen Internationale aufgerufen hatten, wurden diese drei Organsiationen auf dem IAA-Kongress in Warschau 2016 aus der IAA ausgeschlossen. Gleichzeitig wurden aber auch neue Mitglieder aufgenommen und die Struktur zur Anbindung neuer Initiativen und befreundeter Organisationen erweitert.
Die Ablehnung solch einer reformistischen Beteiligung am betrieblichen Management ist aber keine Frage formeller Treue zu anarchosyndikalistischen Prinzipien. Denn nicht durch eine Teilnahme an den herrschaftlich organisierten Betriebsstrukturen können Arbeiter*innen die Fähigkeit zur Übernahme der Produktionsmittel erlernen, sondern nur durch selbstorganisierte wirtschaftlich-technische Bildung und eine gleiche Verteilung aller gesamtgesellschaftlich nötigen Tätigkeiten. Dazu bedarf es nicht nur eines umfassenden aktuellen Allgemeinwissens und der Fähigkeit sich in unterschiedliche Produktions- und Verteilungsbereiche einzuarbeiten, sondern auch die Bereitschaft alltägliche Reproduktionsarbeiten im informellen Bereich der sozialen Fürsorge zu übernehmen. Dabei hilfreich sind neue Kommunikationsformen und eine Anbindung der Arbeiter*innen-Organisationen an kämpferische Strukturen am Wohnort.
Besonders angesichts von Arbeitsmigration und Flucht aus Krisengebieten spielt für die Organisationsfähigkeit der Arbeiter*innen die verwendete Sprache eine zentrale Rolle. Wurde sich im internationalen Anarchosyndikalismus jahrzehntelang auf Französisch (und teilweise in der Kunstsprache Esperanto) ausgetauscht, so sind seit 1979 Spanisch und Englisch die Grundlagen der globalen Kommunikation in der IAA geworden. Die englische Verkehrssprache, die sich durch die globalisierte Marktwirtschaft durchgesetzt hat, ist beispielsweise auch hilfreich beim Aufbau von Kontakten in asiatischen Ländern.
Mit dem Ende des Staatsozialismus in Osteuropa und Zentralasien entstanden seit 1989 viele Kontakte zu neuen anarchosyndikalistischen Initiativen in Bulgarien, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, der Slowakei und Tschechien, sowie in der ehemaligen DDR. Dadurch erweiterte sich der Blick auf die Lage der Arbeiter*innen in den post-sowjetischen Staaten, die von mafiöser Oligarchie, neoliberalen Sparmaßnahmen und autoritärem Nationalismus geprägt sind.
Durch den Wegfall des ideologischen Gegners war gleichzeitig auch in den westlichen Industrienationen kaum noch Grund für staatliche Fürsorge vorhanden. Denn nach dem Ende des Kalten Krieges und jahrzehntelanger antikommunistischer Propaganda und Repression war keine nennenswerte Opposition mehr vorhanden, die durch einen kreditfinanzierten Sozialstaat eingebunden werden musste. Der weltweite Sieg der ungezügelten Marktwirtschaft schien vollendet – bis die Finanzblasen platzen, die Börsenkurse fielen und eine Lawine von „Sparmaßnahmen“ nach Vorgaben durch IWF und Weltbank losgetreten wurde.
Die Folgen für die Arbeiter*innen sind die Absenkung von Reallöhnen und Renten, eine enorme Arbeitsverdichtung und zunehmend unsichere Arbeitsplätze. Die reformistischen Zentralgewerkschaften antworten meist mit nationalistischer Standortpropaganda, hilfloser Rückwärtsverteidigung und verzweifelter Anbiederung an die sozialdemokratischen Parteien. Jedes Prozent mehr an Lohnsteigerung wird von ihnen gefeiert als Durchbruch in den ritualisierten Tarifrunden – auch wenn die Teuerungsrate diese winzigen Zugeständnisse der Kapitalseite schon im nächsten Jahr wieder aufgefressen hat und der Verhandlungspoker von vorne beginnt.
Anstelle solcher Stellvertretungspolitik sprechen sich Anarchosyndikalist*innen grundsätzlich für die Bildung unabhängiger Gruppen von Arbeiter*innen in den Betrieben und Branchen aus. Diese vereinigen sich lokal, regional und (inter-)national nach dem Prinzip eines föderalistischen Bundes, um Wissen zu teilen, Kräfte zu bündeln und Erfahrungen weiter zu geben. Die IAA als globaler Rahmen für diese Zusammenarbeit bietet dabei auch weiterhin den nötigen Raum für Diskussionen und vielfältige Organisationsformen. Doch die Grundlage der libertären Gewerkschaftsaktivitäten und das Ziel des anarchistischen Kommunismus wird dabei nicht aus den Augen verloren, damit es auch in der alltäglichen Organisationsarbeit wiedererkennbar bleibt.
ASN Köln
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